Vereint gegen Privatisierung und Liberalisierung

Abschlusserklärung einer Konferenz kämpferischer Gewerkschaften aus dem Verkehrsbereich auf Einladung der britischen Gewerkschaft RMT

Wir gratulieren den Teilnehmern dieser Konferenz für ihren Beitrag zum Austausch zwischen organisierten Arbeitnehmern im Verkehrsbereich und ihre Anregungen zum Aufbau eines gemeinsamen Widerstands gegen die Liberalisierungsmaßnahmen der Europäischen Union (EU).

Die EU-Verkehrspolitik fördert Privatisierung, Zerschlagung, Sozialdumping, Outsourcing und Angriffe auf Tarifverträge. Dies soll die Profitabilität zu Lasten der Arbeitskräfte steigern. Die Europäische Kommission beherrscht jetzt die Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst in Irland und Griechenland. Mit einer weiteren Verschärfung der globalen kapitalistischen Krise und der Krise der europäischen Banken und des Euro werden auch andere Arbeitnehmer ähnliche Angriffe auf ihre Grundrechte erfahren. Die Beschlüsse des Europäischen Gerichtshofs sind ein Angriff auf gewerkschaftliche Rechte und Freiheiten und fördern die Rechte des Kapitals und der Unternehmen in der EU, während Ausgabenkürzungen nationaler Regierungen und EU-Institutionen die sozialen Errungenschaften früherer Generationen beseitigen.

Wir übermitteln solidarische Grüße an alle Gewerkschaften, die gegen drohende Privatisierungen und andere Folgen der Liberalisierung kämpfen und das öffentliche Verkehrswesen als unverzichtbare Einrichtung öffentlicher Daseinsvorsorge verteidigen.

Wir rufen die Teilnehmer der heutigen Konferenz und alle, die heute nicht anwesend sein konnten, dazu auf, den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen kämpferischen Verkehrsgewerkschaften weiter zu gestalten, Analyse und Informationsaustausch zu vertiefen und gemeinsame Initiativen und Aktivitäten zu koordinieren.

Zu den aktuellen Konsequenzen der EU-Liberalisierungspolitik für Beschäftigte im Verkehrswesen gehören:

  • Die “Neuauflage” des 1. Eisenbahnpakets der EU-Kommission 2011 bringt neue Angriffe auf die staatlichen Eisenbahnsysteme und verstärkt den Druck in Richtung Privatisierung und Zerschlagung von Verkehrsplanung, Investitionen und Dienstleistungen;
  • Neue Angriffe auf öffentliche Eisenbahnunternehmen gehen vom 4. Eisenbahnpaket der EU-Kommission aus. Es erzwingt den Wettbewerb im inländischen Schienen-Personenverkehr. Dies gefährdet in hohem Maße Arbeitsschutz und Sicherheit der Fahrgäste, Einkommen und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten, Renten und Pensionen, die gewerkschaftliche und betriebliche Interessenvertretung und die Tarifautonomie;
  • Die weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in der Seeschifffahrt und bei lebenswichtigen Fährverbindungen ist eine Folge der Liberalisierung
  • der EU-”Kabotage”-Regelungen sowie der in EU-Verträgen vorgeschriebenen “Niederlassungsfreiheit” und der nach wie vor katastrophalen Praxis von “Billigflaggen”.
  • Eine erzwungene Privatisierung innerstädtischer ÖPNV-Netze als Folge der EU-Verordnung über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (2007);
  • Abkehr vom ÖPNV als öffentliche, staatliche Einrichtung der Daseinsvorsorge; statt dessen sollen die Verkehrsunternehmen im Interesse privater Monopole geführt werden und der Profit das einzige Kriterium sein. Eine solche Verkehrspolitik fördert ausschließlich die “Europäischen Konzerne” und deren globale Wettbewerbsfähigkeit;
  • Das ÖPNV-Angebot für Bürger und Benutzer wird teurer und schlechter, sobald Geldgier und die Vorherrschaft finanzieller und Profitinteressen ungehindert Arbeitsplätze, öffentliche Verkehrsangebote und das Gemeinwesen zerstören können.

Daher kritisieren und missbilligen wir:

  • Alle einschlägigen EU-Liberalisierungsrichtlinien sowie die verschiedenen Eisenbahnpakete und Vorschriften über staatliche Subventionen, die zunehmend zur Privatisierung der europäischen Eisenbahnen führen. Dies erschwert die demokratische öffentliche Kontrolle und fördert die Herausbildung privater monopolartiger Verkehrskonzerne;
  • Alle Regierungen, EU- und sonstigen Institutionen, die zunehmend eine Privatisierung, Liberalisierung und Zerschlagung des Verkehrswesens als Grundlage für private Investitionen fordern.
  • Es ist unsere feste Überzeugung, dass die jüngste Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs einen Großangriff auf die Tarifautonomie und das Streikrecht darstellt und die mit Privatisierung und Sozialdumping einher gehenden Angriffe auf die Beschäftigten weiter verstärken wird, wenn die Gewerkschaften dem nicht einen entschlossenen Kampf für ein öffentliches Verkehrswesen unter demokratischer Kontrolle entgegen setzen.

Daher rufen wir zu einer europaweiten Demonstration von Gewerkschaften aus dem Verkehrsbereich noch vor Ende 2011 auf. Sinn und Zweck dieser Demonstration sind:

  • Protest gegen EU-Institutionen, die eine Privatisierung und Liberalisierung der Eisenbahnen und Hochseefähren fordern;
  • Einsatz für ein integriertes öffentliches Verkehrswesen mit hoher Qualität und in öffentlichem Besitz; Menschen vor Profite;
  • Schluss mit Sozialdumping, Verteidigung der betrieblichen und gewerkschaftlichen Interessenvertretung und der nationalen Tarifautonomie.

Im Sinne dieser Zielsetzungen beschließen wir:

  • Eine weitestgehende Koordinierung unserer Aktivitäten und Verstärkung der Zusammenarbeit mit Verkehrsgewerkschaften und Nutzerorganisationen zum Aufbau einer Gegenbewegung in den einzelnen Ländern gegen die Liberalisierungspolitik der EU im Verkehrswesen. Dazu gehört auch die mehrsprachige Website des Europäischen Aktionsbündnisses gegen die Bahnprivatisierung www.rail4all.org ;
  • Bildung eines Koordinationsausschusses zur Planung künftiger Initiativen und Schaffung einer Grundlage für einheitliche, koordinierte betriebliche Aktionen aller kämpferischen Gewerkschaften im Verkehrsbereich und Einrichtung einer Plattform für den Austausch von Informationen und Analysen über die tatsächlichen Folgekosten der Privatisierung und erfolgreiche Beispiele einer gelungenen Wiederverstaatlichung von Eisenbahnen.

So beschlossen am 31. Januar 2001 in London von den Teilnehmern einer Offenen Konferenz kämpferischer Verkehrsgewerkschaften auf Einladung der britischen Gewerkschaft RMT.

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