Hearing in Brüssel: Eisenbahnpaket bedroht Streikrecht

Am 3. März 2011 führte die Linksfraktion im Europaparlament (GUE/NGL) ein Hearing zur von der EU-Kommission vorgelegten “Neufassung des Eisenbahnpakets” durch. Während die Italienerin Deborah Serracchiani von der Sozialdemokratischen Europafraktion die Vorlage der EU-Kommission ebenso unterstützte, wie der offizielle Vertreter der EU-Kommission, übten die anwesenden Vertreter der Eisenbahngewerkschaften und des Europäischen Transportarbeiterverbandes (ETF) heftige Kritik genauso wie die Linksfraktion im EP vertreten durch Sabine Wils.

Wichtigster Punkt aus gewerkschaftlicher Sicht ist der vorgesehene so genannte “Mindestdienst”, der in Fällen von Streiks gewährleistet werden soll.

Diese Regelung, würde sie durchgesetzt bedeutet nichts Anderes als das Streikrecht in Frage zu stellen. Zudem würden einige nationale Gesetze außer Kraft gesetzt, die das Streikrecht per Verfassung garantieren.

Jedem ist klar, dass eine de facto Beseitigung des Streikrechts bei den Eisenbahnen ähnliche Regelungen in weiteren Bereichen nach sich ziehen würde.

Neben der Bedrohung des Streikrechts droht aber eine Zerschlagung von Eisenbahnunternehmen in dem immer weitere Aufteilung in Unterfirmen und Fremdvergabe gefördert werden soll. Nicht nur im Fahrgeschäft sondern auch bei Reparaturleistungen und Wartung. Dadurch werden nicht nur die Löhne gedrückt sondern auch die Sicherheitsstandards gesenkt.

Die Praktiker aus dem Eisenbahnsektor äußerten die Befürchtung, dass eine weitere Liberalisierung die ohnehin schon nachteilige Konkurrenz beispielsweise zwischen der deutschen und der französischen Bahn anstatt einer grenzüberschreitenden Kooperation vorantreiben werde.

Was eine Zerschlagung einer Ex-Staatsbahn und eine Liberalisierung gebracht hat, wurde aus Schweden berichtet: Winterchaos. Das hat es in Schweden früher nie gegeben.

Wohin die von der EU-Kommission weiter betriebene Liberalisierung des Eisenbahnsektors führen kann wurde an einem Beispiel aus Italien deutlich. Im Jahre 2009 verursachte ein Achsbruch an dem Waggon einer Privatbahn in Viareggio eine Explosion, die ein ganzes Stadtviertel verwüstete und 32 Menschen in den Tod riss. VertreterInnen der Angehörigen schilderten dies sehr eindrucksvoll. Wer erinnert sich nicht an das Zugunglück zweier Privatbahnen kürzlich in Sachsen-Anhalt?

Sabine Wils sagte den anwesenden EisenbahnerInnen die Unterstützung der Linksfraktion im EP zu. Entscheidend sei jedoch, dass die Gewerkschaften in diesem Sektor selber Druck machen, wie seinerzeit die Hafenarbeiter beim Port Package I und II. Nur so werden sich die Pläne der EU-Kommission stoppen lassen.

Wo aber liegt eine mögliche Alternative? Hans-Gerd Öfinger aus der Bundesrepublik brachte es auf den Punkt: Europaweit kooperierende statt konkurrierende Staatsbahnen unter demokratischer Kontrolle. Nicht der Profit oder ein Börsengang dürfen entscheidend sein, sondern einzig und allein die Sicherheit Eisenbahnbeschäftigten und der Fahrgäste. Auf diesem Wege würden sich auch mehr Transporte auf die Schiene verlagern.

Dieses Ziel gibt ja auch die EU-Kommission als das ihre aus…

Gerald Kemski – Quelle

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