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Wir haben lange genug zugesehen -
nun müssen wir handeln!

Eine kritische Bestandsaufnahme zur Diskussion.

Rückmeldungen und Meinungen von Kolleg(inn)en sind erwünscht!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

während der Demo der “Allianz pro Schiene” am 28.06.00 in Berlin erhielt ich Euer Flugblatt. Über Euren Aufruf und die damit verbundenen Absichten/Ziele habe ich mich sehr gefreut. ENDLICH - so möchte man ausrufen - endlich bewegt sich auch innerhalb unserer GdED, etwas, worauf sicherlich viele Mitglieder so lange gewartet haben und worum auch so mancher - in der Vergangenheit leider oft erfolglos - im Kontakt mit unseren Funktionären gerungen hat. Als GdED-Mitglied, das als Leiter eines GdED-Arbeitskreises Verkehrspolitik selbst aktiv war, weiß ich, wovon ich spreche; auch im Hinblick auf die Erfahrungen und Frustrationen, die einem bei verschiedenen Aktivitäten und Aktionen selbst zuteil wurden. Daher hoffe ich sehr, daß es für die jetzige Initiative einer “Bahn von unten” nicht schon zu spät ist, denn Demotivation, Resignation und das Gefühl einer Ohnmacht, ja doch nichts an den Verhältnissen ändern zu können, haben unter den KollegInnen bereits schon weit um sich gegriffen. Es wird sicherlich sehr schwer, diese breite Masse aus ihrer Lethargie zu reißen und zu entsprechenden Aktionen zu motivieren.

Darüber braucht man sich nicht mehr zu wundern, denn wie oft schon - angefangen von Vaerst über Gohlke, Dürr, Ludewig bis hin zu Mehdorn - wurden den Eisenbahnern alle möglichen Sanierungskonzepte übergestülpt, wurden vollmundige Versprechungen hinsichtlich einer besseren Bahnzukunft abgegeben, die unsere Gewerkschaft stets, wenn auch “zähneknirschend” mitgetragen hatte; zu einer nachhaltigen, dauerhaften Besserung für die Bahn und die Eisenbahner haben sie niemals geführt. Mit großem Idealismus und auch persönlicher Aufopferung haben die Eisenbahner über Jahrzehnte hinweg diese Konzepte begleitet und mitgetragen; haben sie all den schönen Versprechungen immer wieder Glauben geschenkt - und wurden stets bitter enttäuscht, denn in der Praxis bedeutete die Umsetzung dieser “Sanierungen” ja meist nichts anderes als “Rückzug” und “Abbau”.

Unsere Bahn wurde besonders in den letzten Jahren zu einem gigantischen Experimentierlabor für alle möglichen Managementstrategien sowie oftmals untaugliche, weil fachlich nicht brauchbare, Studierstubenweisheiten. Wir verkamen zu einem Auffangbecken für manch abgetakelte Fregatte und gescheiterte Existenzen aus der sogenannten freien Wirtschaft und der Politik, die in einer Art Sozialplan in unserem Unternehmen, oftmals noch mit stattlichem Salär ausgestattet, unterzubringen waren. Wir wurden zu einem riesigen Betätigungsfeld für ganze Heerscharen von mehr oder minder seriösen “Beratern” mit dem oft einzigen Ergebnis von verschwendeten Kosten, unnütz verlorener Zeit und der Ausbeute von tonnenweise wenig brauchbaren Papieren.

Dies alles muß ein Ende haben. Nur ein schneller, radikaler Kurswechsel, ja ein völliger Neubeginn kann geeignet sein, einen Weg aus der gegenwärtig prekären Lage der Bahn zu weisen. Warum ist dies notwendig? Dazu skizzenhaft und ohne Anspruch auf Vollständigkeit die nachfolgende Bestandsaufnahme (nach Schwerpunkten getrennt).

Infrastruktur

Dieser Bereich als eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren der Bahn weist eine besorgniserregende Entwicklung auf. Dies betrifft den dramatischen Verfall von weiten Teilen des Regionalnetzes (vor allem im mitteldeutschen Raum), der auch schon auf Strecken des Vorrang- und Leistungsnetzes übergreift.
Es entstehen massive Konflikte mit den SPNV-Planungen der Länder (Nahverkehrspläne / Landesentwicklungsprogramme); unsere Bahnkunden spüren diese Entwicklung an sich verschlechternden Fahrplänen mit Reisezeitverlängerungen und Anschlußverlusten. Noch immer hält auch unser Vorstand an immens teuren und zudem wirtschaftlich höchst fragwürdigen Infrastrukturprojekten (Beispiel: Neubaustrecke Erfurt - Nürnberg) fest, anstatt gegenüber manch prestigeversessenem Ministerpräsidenten klar die Investitionsprioritäten im Bestandsnetz zu vertreten.

Regionalverkehr

Die vorstehend genannte Entwicklung bekommt vor allem DB Regio negativ zu spüren. Mit den Aufgabenträgern (Länder, Zweckverbände) geschlossene Verkehrsverträge können nicht mehr eingehalten werden. Einbehaltene Bestellerentgelte (Pönale), Abbestellungen und vermehrte Ausschreibungen von Verkehrsleistungen sind die Folgen. Die mit der Regionalisierung begonnenen positiven Entwicklungen im SPNV - landesweite Integrale Taktfahrpläne (ITF), Nachfrage- und Einnahmezuwächse - werden wieder zunichte gemacht.

Ein Ausweg wird in der sogenannten Mittelstandsoffensive in 37 regionalen (in manchen Fällen nicht einmal zusammenhängenden) Netzen gesehen, ohne sich Gedanken über die damit verbundenen rechtlichen, organisatorischen, technischen und finanziellen Auswirkun-gen für den Systemverbund Bahn zu machen. Die Gefahr eines damit möglichen Rückschrittes in die Zeit der Länder- und Kleinbahnen wird offenbar ignoriert. Erste negative Ansätze dazu zeigt bereits die Entwicklung im Fahrzeugsektor mit einer zunehmenden Vielfalt von untereinander kaum noch kompatiblen Triebwagentypen.

Hinzu kommt, daß unsere Personenverkehrsstrategen immer noch nicht begriffen haben, daß dem Regionalverkehr mit seiner großen Bedeutung - er erbringt ca. 50 % des Konzernumsatzes! - ein entsprechend hoher Stellenwert in unserem Unternehmen eingeräumt werden müßte. Die Länder verfügen über Regionalisierungsmittel in Milliardenhöhe - dies könnten für unsere Bahn im weitesten Sinne sogar “planbare” Finanzmittel sein, wenn es uns gelänge, mittels attraktiver Angebotskonzepte diese Finanzmittel für uns einzuwerben bzw. langfristig zu binden.

Fernverkehr

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß unser Vorstand noch immer sein Hauptaugenmerk auf die luftverkehrs- bzw. ICE-affinen Reisendenpotentiale lenkt. Die neuerlich (mit nachgeordneten Fachebenen überhaupt nicht abgestimmte) “Hub and spoke”-Philosophie beweist es: Primat hat der schnelle Punkt-zu-Punkt-Verkehr zwischen den großen Ballungszentren. Die föderale Struktur unseres Landes, das raumordnerische Leitbild einer dezentralen Konzentration, das eng vermaschte, polyzentrische Eisenbahnnetz mit einer Vielzahl von Verknüpfungen - all diese Fakten und die daraus tatsächlich resultierenden verkehrlichen Bedürfnisse für das Gros des Reisendenpotentials mit kurzen und mittleren Reiseweiten werden dabei völlig ignoriert. Anstatt sich am Vorbild Schweiz zu orientieren und ein langfristig stabiles, die regionalen Integralen Taktfahrpläne verknüpfendes, bundesweit umspannendes Fernverkehrstaktgefüge zu schaffen, werden Zugsysteme (Beispiel Interregio) und Takte ausgedünnt; werden bestehende Märkte aushöhlende Nischenprodukte (Sprinter, Metropolitan, Rollende Raststätte und ähnliche “Exoten”) geschaffen. Mit den Ländern wird im Rahmen MORA (das sogenannte “marktorientierte” Fernverkehrsangebot - welche Pervertierung des Begriffes!) ein regelrechter, für den Konzern insgesamt vermutlich sehr ungünstig ausgehender, Kleinkrieg angezettelt, um aber dann - siehe die Pressemitteilungen der letzten Tage - doch wieder mehr oder minder geordnet den Rückzug mittels Verzicht auf einen Teil der geplanten Fernverkehrsreduzierungen anzutreten.

Eine geschlossene, den gesamten Personenverkehr umfassende Strategie ist absolut nicht mehr erkennbar. An ihre Stelle ist offenbar eine wahre Flut untereinander kaum abgestimmter Einzelaktivitäten getreten, die von einer zeit- und kostenraubenden, immer weiter um sich greifenden, Berater- und Projektitis flankiert wird.

Güterverkehr

Eine völlig verfehlte Strategie hat über Jahre hinweg einseitig auf den erst über große Entfernungen rentablen Kombinierten Ladungsverkehr (KLV) gesetzt. Hingegen war der konventionelle Wagenladungsverkehr gekennzeichnet von großflächigem Rückzug mittels Auflassen von Tarifpunkten und Gleisanschlüssen. Technische, organisatorische und logistische Maßnahmen zu seiner Revitalisierung unterblieben. Der Stückgut- und Kleingutverkehr wurde “erfolgreich” auf die Straße verlagert. Ergebnis ist ein ständig sinkender Bahnanteil im Güterverkehrsmarkt.

Personenbahnhöfe

Immense Summen flossen bisher in den Ausbau weniger Prestigeobjekte bzw. blieben im Wesentlichen bisher auf die großen Knoten beschränkt. Auf vielen Bahnsteigen wurden, anstatt den simpelsten Bedürfnissen des eiligen Fahrgastes - schnelle, leicht erfaßbare und überschaubare Informationen - Rechnung zu tragen, wahre Zuckerbäckerlandschaften mit z.B. Wege verstellenden Blechmännern, kaum lesbaren Fahrtrichtungsanzeigern und winzigen Designeruhren (z.B. Leipzig Hbf) geschaffen. Dagegen verkommen viele kleine und mittlere Verkehrsstationen; ist oft architektonisch wertvolle Bausubstanz dem Verfall und Vandalismus preisgegeben. Die als Allerweltslösung gepriesenen, baulich nicht gerade als Schönheit geltenden “DB-Pluspunkte” fügen sich kaum in gewachsene Gebäude- und Siedlungsstrukturen ein und werden von vielen Gebietskörperschaften abgelehnt.

Organisation

Die Halbwertszeit der permanent sich ändernden Konzernorganisation beträgt mittlerweile maximal nur noch 1 Jahr (Stichwort “Aufbau-, Abbau- und Wegwerforganisation”) . Eine rationellere und weniger reibungsvolle Zusammenarbeit im Konzernverbund ist damit keineswegs verbunden, dafür aber ein immer weiteres Aufblähen der zentralen Verwaltungsebene, lange “horizontale” Entscheidungswege durch eine Zersplitterung von Zuständig-keiten sowie ein gigantischer Mitarbeitertourismus innerhalb einzelner Standorte und quer durch das Bundesgebiet. Hat man die jeweils gültigen Organigramme mit den daran geknüpften Abläufen und Zuständigkeiten gerade einigermaßen verinnerlicht, sind diese schon wieder veraltet, da sich garantiert bereits neue Organisationsanweisungen in Arbeit befinden. Die damit verbundenen Reibungsverluste, der enorme finanzielle und - für die Mitarbeiter - persönliche Aufwand werden dabei offensichtlich nicht gesehen.

Personal

So mancher Vorstand (allen voran Herr Dr. Föhr) scheint vergessen zu haben, daß man es in einem Unternehmen zuallererst mit Menschen (Herr Dürr bezeichnete das Humankapital einmal als das “wertvollste Kapital” eines Unternehmens) und nicht mit einer Art beliebig manipulierbarer Industriesklaven zu tun hat. So kann es nicht verwundern, daß Mitarbeiter mit oftmals langjähriger und wertvoller Berufserfahrung das Unternehmen verlassen haben oder verlassen mußten. Dagegen steigt die Zahl sach- und fachfremder Seiteneinsteiger, denen oftmals die eigene, möglichst schnelle Karriere wichtiger als die Identifikation mit diesem Unternehmen Bahn zu sein scheint. Der für die Bahn als ein weitgehend technisch geprägtes Unternehmen unerläßlich betrieblich-technologische Sach- und Fachverstand (im Sinne einer effizienten Erfassung, Planung und Steuerung von Betriebsabläufen) geht vor allem auf höheren Leitungsebenen immer mehr verloren, auf denen zunehmend die Wirtschafts-, Polit- und Rechts-”Experten” dominieren. Es fehlen immer mehr qualifizierte Eisenbahningenieure. Die diesbezügliche Nachwuchsarbeit hat die DB AG in den Jahren seit der Bahnreform sträflich vernachlässigt. Dafür hemmt oder verhindert eine ganze Armada von Controllern wiederum Entscheidungen, die für ein reibungsloses und marktgerechtes Funktionieren des Unternehmens oftmals unabdingbar sind (Beispiele: Fahrzeugbeschaffung, -wartung oder Instandhaltung der Infrastruktur).

Ein im Sinne von Entwicklung und positiver Veränderung dringend notwendiger kritisch-konstruktiver Dialog zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeitern findet nicht statt. Mitarbeiterbefragungen programmieren mit einer Art von Suggestivfragen und vorgefertigten Antwortkatalogen verzerrte Meinungsbilder bereits vor; das wahre Stimmungsbild im Unternehmen liefert lediglich die (bewußt begrenzt gehaltene) Rubrik der Leserbriefe in der Jubel-Gazette “BahnZeit”, deren erschreckend geringe Akzeptanz hinlänglich bekannt ist und offenbar schon auf Vorstandsebene Sorge bereitet.

Fazit:

Wenn etwas unerträglich geworden ist - und die vorstehend gemachten Ausführungen zeigen eine Vielzahl nicht mehr hinnehmbarer, für Eisenbahner und Kunden unerträgliche Zustände auf - muß man sich dagegen zur Wehr setzen. Haben nicht im Jahre 1989 die Menschen in den ehemaligen Ostblockstaaten eine bewundernswerte Zivilcourage gezeigt und sich gegen ihre unerträglichen Regime aufgelehnt? Warum äußern wir nicht endlich laut und vernehmlich unseren über Jahre hinweg angestauten Zorn und sagen gemeinsam, daß es uns nunmehr “reicht”; daß wir “die Nase gestrichen voll” von untauglichen Konzepten und unfähigen Strategen, Sprechblasen produzierenden und hohle Phrasen dreschenden (Verkehrs-)Politikern, von wütenden und uns (meist zu Recht) beschimpfenden Kunden haben? Sind es nicht endlich genug all der jahrzehntelangen erfolglosen Experimente, die mit Bahn und Eisenbahnern angestellt wurden? Lassen wir uns nicht länger als willfährige Prügelknaben einer verfehlten Unternehmens- und Verkehrspolitik mißbrauchen und als Schachfiguren auf dem Spielbrett eines menschenverachtenden Neoliberalismus hin- und herschieben! Wir müssen in die Öffentlichkeit gehen und unseren Kollegen wie den Menschen in diesem Lande sagen, daß wir Veränderung wollen - im Interesse unserer Kunden - für unser Unternehmen - für die Bahn in diesem Land. Wir müssen die verantwortlichen Politiker endlich aus ihrer Untätigkeit reißen und deren klare Aussage einfordern, welche und wieviel Bahn sie langfristig in diesem Lande haben wollen.

Wir müssen sagen, daß unser Ziel keine zum Nischendasein verkommene und nur für wenige zahlungskräftige Nutzer verfügbare Bahn, sondern eine Bürgerbahn nach dem Vorbild der Schweiz ist. Wir sollten uns dabei nicht in Meinungen und Aktivitäten spaltenden Einzelaktionen (z.B. etwa hinsichtlich einzelner verkehrspolitischen Facetten wie der Schwerverkehrsabgabe) verzetteln, sondern - vorerst - auf einen möglichst breiten gemeinsamen Nenner - den nach einem raschen und umfassenden Neubeginn für unsere Bahn - begeben. Wir werden viele Bündnispartner - extern wie intern - brauchen, die sich wohl am ehesten mit einem derart allgemeinen Ziel identifizieren können.

Einige Gedanken zu unternehmenspolitischen und strategischen Veränderungen

Die verkehrspolitischen Forderungen hinsichtlich einer Gleichstellung der Bahn mit anderen Wettbewerbern sind hinlänglich bekannt; an ihrer Aktualität und Dringlichkeit besteht kein Zweifel. Sie brauchen hier nicht wiederholt zu werden. Was aber muß sich innerhalb der Bahn ändern? Wofür müssen wir eintreten und kämpfen? Dazu nur einige Überlegungen:

Für eine organisatorische Neuausrichtung

Unser Kerngeschäft ist die sichere, rasche, möglichst bequeme und reibungslose  Beförderung von Personen und Gütern auf unserem Netz - das erwarten unsere Kunden täglich von uns. Das Presse-Echo zeigt mit schöner Regelmäßigkeit, welche Defizite die Bahn diesbezüglich hat. Aufbau- und Ablauforganisation müssen sich daher primär an dem Ziel einer optimalen Bewältigung dieses Kerngeschäftes ausrichten und in diesem Sinne eindeutige Kompetenzzuweisungen, kurze Entscheidungswege und schnelle Entscheidungen ermöglichen. Dabei sind geschäftsbereichsübergreifende Planungs- und Steuerungsprozesse im Interesse des Systemverbundes Bahn unbedingt anzustreben. Unabdingbar in diesem Zusammenhang ist das dafür erforderliche fachliche know-how, das durch eine entsprechende Einstellungs- bzw. Ausbildungs- und Nachwuchspolitik zu gewährleisten ist (“die geeigneten Fachkräfte an die geeigneten Stellen”).

Für ein verbessertes Angebot im Personenverkehr

Die Zusammenarbeit zwischen Nah- und Fernverkehr muß erheblich verbessert werden. Wir brauchen ein bundesweit vernetztes Gesamtangebot im Personenverkehr mit optimierten Transportketten für unsere Kunden nach dem Vorbild der Schweiz (bundesweiter integraler Taktfahrplan). Dieses bedingt bereits in der Planungsphase eine enge,” integrierte” Zusammenarbeit von Nah- und Fernverkehr. Die Aufgabenträger in den Bundesländern sind eng in die Planungen einzubeziehen, um diese mit den Erfordernissen weiterer Betreiber im regionalen, ggf. kommunalen, öffentlichen Personenverkehr koordinieren zu können (ggf. in Anlehnung an Schweizer Modelle mit regionalen Planungsgruppen - dort auf Kantonsebene). Ergebnis könnte ein netzweit optimiertes Angebotskonzept sein, aus dem dann die daraus resultierenden Anforderungen an die Infrastruktur, Produkte, Fahrzeuge, Verkehrsstationen, Service, Vertrieb etc. abgeleitet werden; ein großer Vorteil dieser Vorgehensweise bzw. geschlossenen übergreifenden Strategie wäre zudem eine langfristige Planungs- und Investitionsstabilität.

Für einen Neubeginn im Güterverkehr

Alle technischen, technologischen und logistischen Möglichkeiten zur Revitalisierung des Wagenladungsverkehrs sind zu prüfen und umzusetzen. Dies betrifft vor allem die rasche Einführung der automatischen Zugkupplung und der modularen Zugbildung (verkehrswissenschaftliche Untersuchungen dazu existieren bereits), die Förderung von Gleisanschlußverkehren ggf. in Kooperation mit Dritten sowie das Engagement der Bahn im Lagerhausgeschäft (wenn unsere Kunden aus Kostengründen auf die Lagerhaltung verzichten, sollte die Bahn auf den dafür geeigneten Flächen eigene Lagerhäuser mit Gleisanschluß errichten, in denen den Firmen sogar logistische Dienstleistungen angeboten werden könnten, wie z.B. Vorsortierung von Gütern für Montageprozesse). Analog zum Personenverkehr sollte auch im Güterverkehr der Gedanke einer regelmäßig verfügbaren, durchgehenden Gütertransportkette gelten und ein Güterzugtaktverkehr eingeführt werden.

Ferner sollte untersucht werden, ob sich das Personenverkehrstaktnetz für einen (in standardisierten, schnell umschlagbaren Behältern durchführbaren) Kleingut-“Mitläufer”-verkehr eignet. Primär aber muß sehr rasch in unserem Unternehmen ein breit angelegter Dialog über die Zukunft unserer Bahn beginnen. Nicht mittels E-Mail versandten, in fernen Vorstandsetagen ausgebrüteten Papieren, sondern durch einen offenen, ehrlichen und vor allem kritischen Dialog zwischen Mitarbeitern und Unternehmensführung, zu dessen Beginn eine schonungslose Bestandsaufnahme der Fehlentwicklungen und Managementfehlentscheidungen ,vor allem der letzten Jahre, stehen muß. Ebenso muß mit den verantwortlichen Politikern sowie den “Bündnispartnern” der Bahn , insbesondere den Umwelt-, Fahrgast- und Verkehrsverbänden, das Gespräch zur Zukunft des Verkehrssystems Eisenbahn gesucht werden. Wir haben ein Recht darauf, zu wissen, wohin die Reise mit unserer Bahn geht bzw. gehen soll. Wir sind es uns und unseren Familien schuldig .Wir tragen Verantwortung - nicht nur als Eisenbahner, sondern auch als ein aktiver Teil dieser Gesellschaft.

Wir haben lange genug zugesehen - nun müssen wir handeln! Nehmen wir unser Schicksal in die eigene Hand! Nur eine gesellschaftlich breit legitimierte und akzeptierte Bahn wird langfristig eine Zukunft in diesem Land haben.

Es grüßt Euch und bittet um ein Feedback zu diesem Papier.

Ein Kollege, GdED-Mitglied

P.S. Euer Appell muß in alle GdED-Schaukästen!

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