Connex - Der neue Star am Schienenverkehrshimmel?

Veolia-Konzern - Ein großes Monopoly

 

Zurück zur Startseite

 

Die Einstellung des Interconnex 3 zwischen Rostock und Köln und der Einsatz der bisherigen Interconnex-Wagen auf der Strecke Hamburg-Flensburg-Padborg zeigen: privates Kapital scheut unternehmerisches Risiko und bevorzugt sichere Einnahmen aus staatlichen Töpfen.

Wenn im Zuge europaweiter Liberalisierung, Deregulierung  und Privatisierung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge neue Stars am Unternehmenshorizont erscheinen und lautstark gegen staatliche „Monopole“ wettern, dann haben sie in aller Regel eines im Sinne: sie möchten gerne selbst an die Stelle dieser Monopole treten.

Zu den bunt schillerndsten Unternehmensgruppen, die weltweit auch mit Hilfe guter Kontakte zur Politik zur Stelle sind, wenn es etwas zu privatisieren gibt, gehört die französische Veolia-Gruppe. Sie ist aus dem Mischkonzern Vivendi hervorgegangen und ist ihrerseits in die Unternehmenssparten Wasser (Veolia Water), Energie (Dalkia), Entsorgung (Onyx) und Verkehr (Connex) gegliedert. Auch wenn Veolia und die Töchter in Deutschland bemüht sind, sich von ihrer schönsten Seite zu zeigen, ist Wachsamkeit angebracht.

Beim Geschäft mit dem Wasser etwa hat sich der Konzern bereits in den USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und auch anderen außereuropäischen Ländern und ehemaligen Kolonien wie Ghana, Gabun, Gambia, Djibouti and Burkina Faso ein starkes Standbein aufgebaut. In weiten Landstrichen Südenglands kann die Bevölkerung und Kundschaft von Veolia-Töchtern wie Bristol Water, Folkestone and Dover Water, North Surrey Water, Three Valleys Water ein Lied davon singen, daß das lebensnotwendige Trinkwasser unter privater Regie keineswegs besser oder billiger geworden ist. Auch in Ostdeutschland bekommt die Veolia Water im Zuge der Privatisierung kommunaler Eigenbetriebe zunehmend Einfluß.

Nach Angaben der Internationalen Transportarbeiterföderation ITF hat sich der französische Vivendi-Konzern mit seinen verschiedenen Ablegern in zahlreichen Ländern als Betreiber von Bus- und Bahnlinien im öffentlichen Nahverkehr Stützpunkte geschaffen - so etwa in den USA, Israel, Australien, Großbritannien, Schweden, Polen, Dänemark, Tschechien, Belgien, den Niederlanden, Spanien und Deutschland.

Als unter John Major die britische Staatsbahn British Rail in den 90er Jahren privatisiert und zerschlagen wurde, war natürlich auch Connex zur Stelle und übernahm wichtige Regionalverbindungen. Denn schließlich wurden und werden dort die Privatbahnen vom Staat weitaus üppiger subbventioniert als die alte staatliche British Rail. Seither machen sich die Klagen britischer Pendler über schlechteren Service, Pech und Pannen bei Privatbahnen vielfach auch am Namen Connex fest. Connex gilt in Großbritannien als das Schienenverkehrsunternehmen mit dem höchsten Grad an Ausfall, Verspätung und Verschmutzung. Bereits am 28. Juli 1999 dokumentierte die Zeitung „Independent“ eine Liste von Fahrgastbeschwerden, in der Connex mehrfach auftaucht: so habe etwa ein Connex-Zug auf der Strecke Ramsgate-London Charing Cross mindestens drei fahrplanmäßige Haltepunkte ausgelassen, um die aufgelaufene Verspätung wieder reinzuholen.

Auf deutschen Schienen umfaßt Connex bereits eine Reihe kleinerer regionaler Personen- und Güterverkehrsbähnchen. Connex gilt hierzulande hinter der bisher bundeseigenen DB AG bereits als zweitgrößter Betreiber des Schienen-Personenverkehrs (wenn auch noch mit sehr großem Abstand).

Hans Leister, Geschäftsführer von Connex Regio Bahn, war früher bei DB Regio in Berlin/Brandenburg in führender Position tätig war und kennt daher den wichtigsten Wettbewerber von innen. Er hat Großes vor und möchte der DB nicht nur im Regionalverkehr, sondern zunehmend auch im Fernverkehr zunehmend Marktanteile abjagen. Doch die Einstellung der „Interconnex 3“-Fernverkehrsverbindung zwischen von Rostock über Berlin und Kassel nach Köln zum 27. Oktober macht deutlich, wie kurzatmig private Unternehmen auf diesem Gebiete sein können – zum Nachteil der Beschäftigten und Fahrgäste.

Wenn ein privates Unternehmen, etwa ein Billigflieger, sich durch aggressive Preispolitik langfristig etablieren möchte, dann sind Anlaufverluste in aller Regel üblich und einkalkuliert. Doch im Falle des „Interconnex 3“ wollten die Connex-Manager nicht einmal bis zum Fahrplanwechsel im Dezember abwarten. Während für den „Interconnex 3“ als Fernverkehrsverbidnung keine direkten öffentlichen Mittel zu vergeben waren, werden die Regionalbahnen aus öffentlichen, von den Ländern verwalteten Töpfen finanziert.

Nun bot sich durch das seit August laufende Insolvenzverfahren einer anderen deutschen Privatbahn, der seit Dezember 2002 zwischen Hamburg, Flensburg und Padborg verkehrenden FLEX AG (jW berichtete), für die regionale Connex-Tochter NOB (Nordostseebahn) kurzfristig die Chance, die FLEX AG und deren Verkehrsverbindungen zu übernehmen. Somit können die vorhandenen Interconnex-Waggons in Schleswig-Holstein gewinnbringender eingesetzt werden als zwischen Köln und Rostock. Diesen direkten Zusammenhang bestätigte auch Connex-Sprecher Mathias Röser auf unsere Anfrage: „Wenn der Auftrag aus Schleswig-Holstein nicht gekommen wäre, dann hätten wir uns mit dem Interconnex 3 mehr Zeit gelassen.“

Nach der Einstellung des Interregio-Verkehrs zwischen Hamburg und Flensburg durch die DB AG zum Dezember 2002 hatte das Land Schleswig-Holstein im Zuge der Regionalisierung des Schienenverkehrs die Strecke neu ausgeschrieben und Angebote eingeholt. Als billigster Anbieter – mit umlackierten alten Reichsbahn-Waggons – hatte die FLEX AG den Zuschlag bekommen. „Die haben zu gut gerechnet“, kommentiert Eckhard Jacobs vom Kieler Verkehrsministerium auf Anfrage die Pleite der FLEX AG nur acht Monate nach ihrem mit großem Bahnhof gefeierten Start. Gleichwohl betont er, daß sein Ministerium bei der Vergabe „allen Anbietern auf die Finger geschaut“ habe.

Nach dem Reinfall mit der FLEX AG als vermeintlich billigstem Anbieter muss das Land Schleswig-Hostein übrigens für die Verbindung Hamburg-Flensburg bis Ende 2005 an die Connex-Tochter NOB rund 8,1 Millionen Euro mehr bezahlen als urspünglich mit der FLEX AG vereinbart worden war.

Hans-Gerd Öfinger

Zurück zur Startseite