Aus einem Brief an einen TRANSNET-Kollegen
Was wird da wohl gespielt?

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(...)   Mir kommt das alles irgendwie gespenstisch vor. Was wird da wohl gespielt?

Alle begrüßen diesen Kompromiss und alle sagen: wir haben uns durchgesetzt. GDL sagt: GDL-Forderungen erfüllt. Schienennetz und Bahnhöfe in staatlicher Hand und damit beim bisherigen Eigentümer Bund. TRANSNET und GDBA sagen: Der Konzern bleibt erhalten und die Privatisierungsschranken sind drin und BeSITV bleibt. Und alle sind irgendwie glücklich darüber. Und und und.

Das Papier gibt für jeden etwas her:

  • An der DB AG werden noch in dieser Legislaturperiode private Investoren beteiligt.

  • Private Investoren werden nicht an den Infrastrukturunternehmen, die die Eisenbahninfrastruktur halten, beteiligt.

  • Die Infrastrukturgesellschaften werden vor der Kapitalprivatisierung ins Eigentum des Bundes überführt.

  • Die DB AG betreibt für einen vertraglich zu vereinbarenden Zeitraum diese Infrastruktur.

  • Die DB AG erhält die Möglichkeit, Schienenverkehr und Infrastruktur in einer wirtschaftlichen Einheit zu betreiben und zu bilanzieren.

Das sind im besten Fall Formelkompromisse, die später im Gesetz nicht viel taugen. Im schlimmsten Fall aber der Einstieg in die endgültige Trennung.

Wer die Transnet-Meldung liest und die FDP-Kritik hört, kann den Eindruck gewinnen, dass sie alle die CDU/CSU über den Tisch gezogen haben. Ich glaube nicht, dass die CDU/CSU so blöd ist und das Spiel mit macht. Man muss immer noch davon ausgehen, das hinter der CDU/CSU starke Kapitalinteressen stehen, die sich ein Schnäppchen von der Bahn holen wollen (siehe Artikel über BDI auf www.bahnvonunten.de aus dem Jahr 2004, siehe Artikel über Abellio und andere Privatbahnen im SPNV).

Uns selbst wenn es so wäre: die materielle Privatisierung führt über kurz oder lang zu einer weiteren Zerschlagung des Konzerns. Kollegen der Bahnreinigung befürchten schon, dass sie bald verkauft werden. Andererseits hört man Kollegen von Netz und Station & Service, die meinen, dass sie ja beim Staat bleiben und aufatmen. Dies ist trügerisch und fördert die Spaltung.

Übrigens - wegen des Verkaufs der Eisenbahnreklame DERG, der Scandlines und der Touring GmbH (auch ein Stück Zerschlagung des Konzerns) hat TRANSNET auch ganz offensichtlich nicht versucht, mit aller Kraft zu mobilisieren und beispielsweise im Aufsichtsrat mit Hilfe der Vertreter der Bundesregierung dies zu verhindern.

Alles in allem: wir befürchten, dass bei einem Einstieg in die materielle Privatisierung die Zerschlagung, die schon heute in den vielen Töchtern angelegt ist, ihren Lauf nehmen wird und dass insofern - egal was die Herrschaften heute beteuern - schon heute hinter den Kulissen ausgemauschelt wird, wer was kriegt. Dann wäre auch denkbar, das man durch Lostrennung und Vollprivatisierung ganzer Teilbetriebe die BDI-Klientel bedient und gleichzeitig die Global Player-Strategie Mehdorns (die vom TRANSNET-Vorstand voll und unkritisch unterstützt wird) fährt.

Wie dem auch sei: jede Privatisierung ist eine Niederlage, und wer dies als Sieg oder zumindest Erfolg feiert, wird bald auf dem Boden der Tatsachen aufschlagen.

Es ist auch schlimm, dass der TRANSNET-HV nicht einmal versucht hat, mit den kritischen SPD-Abgeordneten zu reden und gemeinsame Strategien zu besprechen. Denn das war eine Farce am Freitag, 10.11.06, in der SPD-Fraktion. Die Abgeordneten wurden herzitiert zur Unterrichtung über den Kompromiss, hatten gerade mal einen Tag zum Nachdenken, und sollten dann am Ende der Sitzung abstimmen. Es war wenig Zeit, nur drei für und drei gegen in der Diskussion zugelassen. Dann Abstimmung – dabei zwei Drittel der nur 100 Anwesenden dafür und ein Drittel dagegen. Das ganze wurde auch inszeniert, um die wachsende Ablehnung der Privatisierung abzuwürgen nach dem Motto: Ist gelaufen, können nichts machen.

Das Problem ist: Viele Abgeordnete werden sich hinter der Ausrede verstecken "TRANSNET sagt uns, wir können zustimmen".

Wie dem auch sei - wir müssen bis zur Bundestagsentscheidung jetzt erst recht weiter kämpfen. Die Abgeordneten müssen wissen: Diese Zustimmung zur Privatisierung liegt nicht im Interesse der Basis und ist gegen ihren Willen und hinter ihrem Rücken erfolgt. Der Widerstand an der TRANSNET-Basis hat erst begonnen. (...)

Bahn von unten, 12. November 2006

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Denkanstöße vom
12. November 2006