Alle zusammen!
Hintergründe der französischen EisenbahnerInnendemo am 8.2.07 in Paris

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Zigtausend Beschäftigte der französischen Staatsbahn SNCF und anderer Bereiche des öffentlichen Dienstes kamen am 8. Februar zu einer landesweiten zentralen Demonstration nach Paris erwartet. Sie folgten damit einem gemeinsamen Aufruf aller bei der SNCF vertretenen Gewerkschaften.

Dabei ging es vor allem um drei zentrale Anliegen. Nach Jahren sinkender Reallöhne wird jetzt für die bevorstehende Lohnrunde eine kräftige Einkommenserhöhung für alle in Höhe von 250 Euro sowie ein Mindesteinkommen und eine Mindestrente von 1500 Euro gefordert. Die Beschäftigungsverhältnisse aller bei der Bahn tätigen Menschen sollen sich grundsätzlich an den Bedingungen des Öffentlichen Dienstes orientieren. Zudem eint die Gewerkschaften das Ziel, eine Zerschlagung und Privatisierung der SNCF zu verhindern.

Was die miteinander konkurrierenden Richtungsgewerkschaften zusammen bringt und schon am 8. November gemeinsam streiken ließ, sind zunehmende Angriffe und Konflikte mit der neuen SNCF-Chefin Anne-Marie Idrac. Im Gegensatz zu ihrem Vorgänger Louis Gallois, der letzten Sommer zu EADS übergewechselt ist und bei der SNCF als relativ „verhandlungs- und gesprächsbereit“ galt, haben sich unter Idrac die Konflikte zwischen Management und Gewerkschaften zugespitzt. Idrac ist für Eisenbahner übrigens kein unbeschriebenes Blatt; sie war Mitte der 90er Jahre Verkehrsstaatssekretärin in der konservativen Regierung Juppé, die durch ihre Pläne zur „Umstrukturierung“ der SNCF im Herbst 1995 einen wochenlangen Streik der Bahn und anderer Wirtschaftsbereiche und somit „französische Verhältnisse“ provozierte.

Im Gegensatz zur Privatindustrie, wo es in den letzten Jahren teilweise erhebliche Rückschritte bei Realeinkommen und Arbeitsbedingungen gegeben hat, ist der öffentliche Dienst immer noch eine relative Bastion der französischen Gewerkschaften. Die größte Bahngewerkschaft, CGT-Cheminots, beklagt ein systematisches Aushungern des öffentlichen Dienstes bei gleichzeitigen üppigen Steuergeschenken für die obersten 100.000 in Frankreich und eine Ausrichtung der SNCF-Unternehmenspolitik an finanzieller Rentabilität und nicht am Bedürfnis der Gesellschaft. Die zweitstärkste Bahngewerkschaft SUDRail sieht in der zunehmenden Aufgliederung der SNCF die Vorbereitung für eine künftige Privatisierung der Filetstücke und warnt vor einem massiven Arbeitsplatzabbau vom Fahrkartenverkauf bis hin zu den Stellwerken.

An der Pariser Demonstration nahmen auch britische, italienische, spanische und deutsche GewerkschafterInnen teil. Angesichts einer zunehmenden Konkurrenzsituation zwischen Deutscher Bahn und SNCF im Zuge der europaweiten Liberalisierung des Schienenverkehrs warnen SUDRail und die Initiative Bahn von unten in der DGB-Gewerkschaft TRANSNET in einer gemeinsamen Erklärung vor einem drohenden „Wirtschaftskrieg“ auf dem Rücken der Beschäftigten. In einer gemeinsamen Erklärung, die bei der Demonstration verteilt wird, fordern sie als Alternative zur Konkurrenz eine enge Zusammenarbeit im Rahmen eines europaweiten Verbundes öffentlicher Eisenbahnen unter der Kontrolle von Beschäftigten und Nutzern.

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